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Romane Süskind, Patrick fragrantia
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FRAGRANTIA - HISTORIA HOMICIDAE

Der 1985 erschienene Roman „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ ist zum Weltbestseller geworden. Seit Erich-Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ ist kein deutsches Buch so oft verkauft worden wie das „Parfum“. Die Verfilmung von Tom Tykwer und Bernd Eichinger, die im Sept. 2006 in den Kinos angelaufen ist, hat dem Roman zu erneuter Popularität verholfen. Dabei wird die Frage lebhaft diskutiert, inwiefern die komplexe Duftwelt des Romans durch das auf Optik und Akustik beschränkte Medium Film überhaupt dargestellt werden kann.
Für mich jedenfalls stand nach der ersten Lektüre des Romans fest: Dieses Werk würde ich  ins Lateinische übertragen, oder, um mit Süskinds Grenouille zu reden: dieses Duftdiadem würde ich schmieden, koste es was es wolle!
Aber wie? In der lateinischen Literatur gibt es nirgendwo einen vergleichbaren Roman – schon gar keinen „postmodernen“, wie die Literaturwissenschaftler Süskinds „Parfum“ nennen. Romane sind in der lateinischen Literatur überhaupt sehr selten, von antiken lateinischen Romanen sind nur drei zu nennen: Das Fragment der „Satyricon libri“ des Petron, der „Goldene Esel“ (die „Metamorphosen“) des Apuleius und die „Historia regis Apollonii Tyri“.
Und wie sollte ich all die subtilen Duftunterscheidungen, all die phantastischen Gedankenreisen Süskinds - Grenouilles Erweckungserlebnis als Pinocchio auf Madame Gaillards Holzstoß, die stinkenden Tierfelle, die ewige Nässe, die ätzenden Säuren von Grimals Gerberei, Baldinis duftstoffüberladene Parfumerie, seine Eitelkeit, seine Hoffnungen und Enttäuschungen, seine Schwindeleien, seine komisch-prahlerischen Erzählungen beim Weintrinken vor dem Alembic, die kühnen Duftträume des Geruchsmonomanen im purpurnen Salon und in der Höhle des Plomb du Cantal, die grotesken Theorien und Erfindungen des schrulligen Marquis de Taillade-Espinasse und seine Vermählung mit dem himmlischen Fluidum auf dem Pic-du-Canigou, die mörderischen Enfleuragen des Parfumeurgesellen Jean-Baptiste, die schmelzend-schönen Augen der geschäftstüchtigen Madame Arnulfi beim Anblick der gewinnverheißenden Essence absolue  und die aura seminalis ihres derb-sinnlichen Gesellen und Bettgenossen Druot, Richis’ kalt-berechnende Kaufmannslogik, seine aufklärerischen Überzeugungen, sein detektivischer Spürsinn - und, nachdem er Grenouilles Liebesparfum geschnuppert hat - sein närrisch-verliebtes Turteln mit dem Mörder seiner Tochter! – die gewaltige, von Grenouilles Liebesparfum verursachte Orgie in der Stadt Grasse, bei welcher der Bischof mit dem grünen Beffchen, der Priester und die Freimaurerin, Bürger und Bauern, geistliche und weltliche Personen jeden Standes und jeder Herkunft in einen sinnenfrohen Taumel versetzt werden, schließlich das kannibalische Ende des genialsten Parfumeurs aller Zeiten – wie sollte ich all diese bizarren Duftlandschaften eines Königs der Phantasie, all diese wortmächtigen Metaphern, Allegorien und Phantasmagorien Patrick Süskinds in die Sprache Cäsars und Ciceros transformieren, der man doch eher eine gewisse Nüchternheit, ja sogar Sprödigkeit nachsagt?
Nun sind aber bei der Übersetzung dieses Romans, der im 18.Jh. spielt, kaum irgendwelche Wort-Neuschöpfungen nötig – abgesehen von Wörtern, die vom Autor selbst im Original neu gebildet wurden. Vielmehr kann man die meisten Wörter und Wendungen in der bereits vorhandenen lateinischen Literatur finden – wenn man die diesbezüglichen Quellen kennt und die nötige Geduld besitzt. Die Schwierigkeit besteht ja bei lateinischen Übersetzungen moderner Texte insbesondere darin, dass auch der antike Wortschatz des Lateins in den neusprachlich-lateinischen Wörterbüchern keineswegs vollständig erfasst ist – ganz zu schweigen von dem Vokabular der mittel- und neulateinischen Literatur.

Zwei lange Semesterferien während einer Tätigkeit als Lektor im Fernen Osten, ein Winter (2002/3) und ein Sommer (2003), viel Zeit also, viele gute Lexika (auch Fachlexika, wie botanische, zoologische, pharmazeutische, medizinische), und ein Zettelkasten, dessen Notizen auf eine etwa dreißigjährige Lektüre lateinischer Literatur aller Epochen – vom Alt- bis zum Neulatein –, sowie auf Lateinsprechen, Lateinschreiben und aufs Übersetzen  ins Lateinische  zurückgehen -  ließen eine lateinische Übersetzung von Süskinds „Parfum“ heranreifen, mit der ich – nach manchem Kopfzerbrechen, nach vielen Versuchen und Irrtümern, letztendlich zufrieden bin und die mich die Behauptung wagen lässt, dass sie an inhaltlicher und stilistischer Treue durchaus nicht hinter neusprachlichen Übersetzungen zurücksteht. (N. Groß)


Verlag  LEO LATINUS


Originalausgabe: Patrick Süskind, Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders, Zürich, Diogenes Verlag, 1985

(Als Lexikon zum Wortschatz dieser Übersetzung und als lateinische Enzyklopädie empfehlen wir das Glossarium Fragrantiae, hier erhältlich)

336 Seiten, 11,2 x 18 cm, Paperback
ISBN 978-3938905-31-9
Bestell-Nr.: 00606 Preis €  32,00
Leseprobe (pdf 193 KB)
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